Schwanger mit Diabetes Typ 1 – mein Erfahrungsbericht

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Schwanger mit Diabetes Typ 1 zu werden hat mir schon immer großen Respekt eingeflößt. Die Blutzuckerzielwerte, die man während einer Schwangerschaft erreichen soll, machten mir Angst, denn ich hatte Sorge, diese Zielwerte nicht erreichen zu können. Die Deutsche Gesellschaft für Diabetes empfiehlt einen HbA1c-Wert unter 6,5%, nüchtern Werte von 65-95mg/dl, eine Stunde nach dem Essen (postprandial) < 140mg/dl und zwei Stunden postprandial < 120mg/dl. Eine gute Blutzucker-Einstellung und ein gutes Diabetes Management zu haben, ist besonders wichtig während einer Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1, da erhöhte Blutzuckerwerte Risikofaktoren für Mutter und Kind sind.

Das Leben ist voller Überraschungen: plötzlich ungeplant schwanger mit Typ-1-Diabetes

Aus diesen Gründen wollte ich eine Schwangerschaft immer gut planen und meinen Diabetes und Glukosewerte schon vorher auf die gewünschten Zielwerte einstellen. Doch das Leben hat oft andere Pläne und so wurde ich doch ungeplant schwanger. Noch einen Tag bevor ich erfuhr, dass ich schwanger war, war ich bei meiner Diabetologin und hatte einen HbA1c-Wert von 7,5%. Für eine Schwangerschaft nicht gerade ideal.

Nachdem zu Hause der Schwangerschaftstest positiv ausfiel, kontaktierte ich sofort meine Frauenärztin. Schon am selben Tag konnte ich die Schwangerschaft bestätigen lassen und telefonierte mit meiner Diabetologin. Sie gab mir direkt den nächsten Termin und informierte mich über die Zielwerte, die man während der Schwangerschaft einhalten sollte:

Die empfohlenen Blutglukosezielwerte nach Eintritt der Schwangerschaft von der Deutschen Diabetes Gesellschaft auf einen Blick:

  • Nüchtern, vor dem Essen (präprandial): 65 bis 95 mg/dl (3,3 bis 5,0 mmol/l)
  • 1h postprandial (nach dem Essen): weniger als 140 mg/dl (7,7 mmol/l)
  • 2h postprandial (nach dem Essen): weniger als 120 mg/dl (6,6 mmol/l)
  • vor dem Schlafen: 90 bis 120 mg/dl (5,0 bis 6,6 mmol/l)
  • nachts (ungefähr von 2:00 bis 4:00 Uhr)): 60 bis 90 mg/dl (3,3 mmol/l)

Meine Diabetologin und meine Frauenärztin habe ich in dieser Zeit öfter gesehen. Denn eine gute fachärztliche Betreuung ist bei einer Schwangerschaft mit Diabetes mellitus besonders wichtig. Bei beiden hatte ich zu Anfang alle vier Wochen einen Termin. Beides abwechselnd so, dass ich alle zwei Wochen bei einem Arzt untersuchtwurde. So hatten wir die Schwangerschaft und meinen Diabetes immer gut unter Beobachtung. Schon nach vier Wochen lag mein HbA1c-Wert bei 5,2% und dort blieb er auch für die restliche Schwangerschaft.

Schwangerschaft und Diabetes: Eine große Herausforderung

Mein Diabetes hat mich, während der Zeit, in der ich schwanger war, vor große Herausforderungen gestellt. Zunächst musste ich die Einstellungen und Basalrate meiner Insulinpumpe neu programmieren, denn durch die Hormonschwankungen während der Schwangerschaft passten meine vorherigen Einstellungen nicht mehr.

Zusätzlich musste ich meine Werte nun viel niedriger halten, als ich es jemals getan habe. An diese neuen Werte musste ich mich erst einmal gewöhnen und durch die neue Insulinsensibilität hatte ich viele Hypoglykämien (Unterzuckerungen). Erst im zweiten Trimester hatte ich meinen Diabetes gut im Griff und konnte meine Blutzuckerwerte optimal einstellen, zum Glück blieben diese auch mehrere Wochen stabil.

Erst im dritten Trimester stieg mein Insulinbedarf erneut an. Jeden Tag brauchte ich mehr und mehr Insulin, bis ich kurz vor der Geburt bei fast 300% Basalinsulin war. Es war als würde ich Wasser spritzen. Deswegen kamen auch höhere Werte hin und wieder vor. Ich machte mir jedes Mal große Vorwürfe, es war für mich eine schwierige, emotionale Achterbahnfahrt und nervliche Zerreißprobe.

So sehr hatte mich mein Diabetes noch nie gefordert und ich hatte wirklich Angst, meinem Kind zu schaden. 

Dank moderner Messgeräte konnte ich meinen Diabetes besser managen. Meine größte Hilfe in der Zeit war mein CGM-System. Auch hier hatte ich meine Alarme auf ziemlich niedrige Werte eingestellt und sobald ich meinen Zielwert von 140 mg/dl überstieg, habe ich korrigiert. So waren meine Werte zum Glück nie lange zu hoch.

Geburt mit Diabetes Typ 1

Unsere kleine Tochter entwickelte sich großartig, sie war nicht zu groß oder zu schwer. Oft liest man, dass Frauen mit Diabetes große und schwere Kinder bekommen. Doch unsere kleine Lotte lag immer auf der Normkurve und kam gesund zur Welt. 

Früher war es so, dass wegen der Risiken bei Frauen mit Diabetes mellitus oft ein Kaiserschnitt gemacht wurde. Ohne weitere medizinische Indikation wird das heute schon längst nicht mehr gemacht.

Auch das Einleiten vor oder am errechneten Geburtstermin ist heute kein Muss, wenn es keinen medizinischen Grund dazu gibt. Trotzdem findet man kaum Ärzte, die bei Schwangeren mit Diabetes über den errechneten Geburtstermin gehen. So war das auch bei mir. Obwohl mein Diabetes sehr gut eingestellt war, unser Kind weder zu groß noch zu schwer war und es auch sonst keine medizinische Notwendigkeit vorlag, sollte am geplanten Geburtstermin eine Geburtseinleitung durchgeführt werden.

Zum Glück ging es zwei Tage vorher von allein los und wir hatten eine wunderbare Geburt ohne Komplikationen. Kurz nach der Geburt konnte unsere Tochter ihren Blutzucker noch nicht allein stabilisieren, bis zum nächsten Morgen war der Glukosewert immer mal wieder zu niedrig. Zum Glück war es nicht kritisch, ein bisschen Milch konnte helfen und ich konnte meine Tochter die ganze Zeit bei mir behalten.

Eine Schwangerschaft ohne Komplikationen ist auch mit Diabetes möglich!

Obwohl ich so viel Angst vor einer Schwangerschaft hatte, habe ich es wunderbar hinbekommen. Die Zielwerte mögen zunächst sehr streng erscheinen und manch einer befürchtet vielleicht, dass diese Werte keine 9 Monate einzuhalten sind, doch am Ende ist es leichter als es aussieht. Man braucht keine Angst zu haben, aber trotzdem würde ich jedem empfehlen eine Schwangerschaft mit Typ-1-Diabetes vorher gut zu planen und sich von Diabetes-Fachkräften frühzeitig betreuen zu lassen (Hebammen, Fachärztinnen und Fachärzten aus Diabetologie und Gynäkologie). Am besten habt ihr schon vor einer Schwangerschaft die für euch beste Behandlung gefunden und könnt die Blutzucker-Zielwerte gut erreichen.

Ich hoffe mein Erfahrungsbericht kann Ihnen die Angst vor einer Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1 nehmen. Kinderwunsch und Diabetes lassen sich mit der richtigen fachärztlichen Betreuung gut verbinden.

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